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Geschrieben von Rolf Spethmann

Alte Grenzen: Meine Deutschlandreise entlang des Eisernen Vorhangs

Bikemap Nutzer Rolf unternimmt jedes Jahr eine große Soloradtour. Die Vorfreude kommt bei der sorgfältigen Planung seiner Reisen nicht zu kurz! Mit uns teilt er eine seiner Lieblingsrouten: vor ein paar Sommern quert er fast ganz Deutschland, angefangen im südlichen Freiburg im Breisgau bis ins im Norden gelegene Großenwiehe. Auf seiner Reise besichtigt er zahlreiche historische Städte, kann wunderschöne Landschaften im „grünen Band“ und entlang der Donau für sich entdecken und legt knapp 1500 Kilometer in 17 Tagen zurück. Manchmal findet man whare Juwele im eigenen Land, die eine Reise mindestens so beeindruckend machen wie das Entdecken fremder Kulturen.

Rolfs gesamte Route auf Bikemap findest du hier.

🚴 Länge: 1495km

⛰️ Höhenmeter: 3150m

🚲 Straßenbedingungen: An Flüssen und Kanälen ist überwiegend geschottert, aber das in sehr guter Qualität. Straßen und Radwege sind in sehr gutem Zustand.

☀️ Temperatur: Schöner Juni mit 20-30°C, Südwestwind

🗓️ Zeitraum: 17 Radtage

Reiseroute

Um 05:30 stehe ich auf dem Bahnhof in Freiburg, bepacke mein Fahrrad und orientiere mich. Voller freudiger Erwartung starte ich eine neue Tour. Die große Freiheit beginnt! Die Route verläuft zum großen Teil entlang von Flüssen und Kanälen. Der mittlere Teil der Tour folgt grob dem Verlauf der ehemaligen innerdeutschen Grenze, dem heutigen „grünen Band“.

Nach dem Start in Freiburg steht direkt die Überquerung des Schwarzwaldes bevor – 33 Kilometer, mit zum Teil recht knackigen Steigungsprozenten. Dann allerdings rollt man entspannt hinunter zur Donau. Der Donau folge ich bis Weltenburg vor Kelheim. Die letzten Kilometer durch den Donaudurchbruch genieße ich auf der Fähre, da auf dem Landweg durch das Waldgebiet in den Sommermonaten regelmäßig eine Mückenplage herrscht. Ab Kelheim führt die Route in Richtung Norden. Entlang der Altmühl, dem Main-Donau Kanal, den Flüssen Rednitz, Regnitz und der Itz bis nach Seßlach.

Kurz hinter Seßlach fahre ich entlang der Grenze zwischen Bayern und Thüringen, und somit größtenteils auf dem Grenzradweg des „grünen Bandes“. Die Straßen winden sich hier in ständigem Auf und Ab durch die Weiten der Rhön. Am schönen Werra-Radweg führt der Weg dann wieder auf ebenem Terrain weiter nach Norden. Noch einige intensive Höhenmeter sind im Harz zu bewältigen, danach wird es flach. Anschließend geht es den Mittellandkanal, den Elbe-Seitenkanal und die Elbe entlang, schlussendlich durch den Hamburger Hafen weiter bis an die Nordsee. Dann kann ich auf meinem Weg noch ein letztes Mal Schiffe aus nächster Nähe auf dem Nord-Ostsee Kanal bewundern und mitten durch Schleswig Holstein bis fast an die dänische Grenze.

Etappen

Ich habe wahlweise gezeltet oder mir bei schlechtem Wetter eine Unterkunft gebucht. Man kann sich natürlich auch vor Ort nach einem Nachtlager umsehen. Entspannter ist es natürlich, von unterwegs zu buchen, wenn man einschätzen kann wie weit man noch fahren möchte. 

Etappe 0 – Freiburg. Anreise mit der Bahn

Etappe 1 – Tuttlingen via Schwarzwald, Donau

Etappe 2 – Altheim – Donau

Etappe 3 – Günzburg – Donau

Etappe 4 – Ingolstadt – Donau

Etappe 5 – Beilngries via Donau – Altmühltal

Etappe 6 – Erlangen via Main-Donau-Kanal – Rednitz – Regnitz

Etappe 7 – Seßlach via  Main-Donau-Kanal – Itz

Etappe 8 – Fladungen – „Grünes Band“ (Rhön)

Etappe 9 – Probsteizella via Ulster – Werra

Etappe 10 – Heilbad Heiligenstadt via Werra – Leine

Etappe 11 – Clausthal-Zellerfeld – Harz

Etappe 12 – Wolfenbüttel – entlang ehemaliger Grenze

Etappe 13 – Wittingen via Mittellandkanal / Elbe-Seitenkanal

Etappe 14 – Lüneburg – Elbe-Seitenkanal

Etappe 15 – Hamburg Rissen via Ilmenau – Elbe

Etappe 16 – Albersdorf via Elbe – Nord-Ostsee-Kanal (NOK)

Etappe 17 – Großenwiehe

Ausrüstung, Verpflegung, Wetter und Kosten

Die Reise habe ich auf meinem Stevens Cyclocrosser (2×11-Schaltung) zurückgelegt. Auf dem Gepäckträger waren hinten zwei Gepäcktaschen und das Zelt angebracht, dazu vorne am Rad eine Gepäckrolle mit Schlafsack. Ich habe mein Fahrrad gut vorbereitet und hatte auf meiner Route keinerlei Probleme, noch nicht einmal einen platten Reifen. Menschen sind meist offen und interessiert, wenn man alleine auf Tour ist, so kommt man auch schnell mit anderen ins Gespräch.

Verpflegung ist in Deutschland eigentlich kein Problem. Entlang der Strecke (oder bei kleinen Abweichungen von dieser) bieten sich immer wieder Einkaufsmöglichkeiten. Einzig entlang des „grünen Bandes“ zwischen Seßlach und Fladungen waren auf 90 Kilometern keine direkten Einkaufsmöglichkeiten. Der Juni 2019 war sehr angenehm. Es fiel wenig Regen, die Temperaturen bleiben zwischen 20 und 30°C und der Wind wehte komfortabel aus Südwesten. Die schönsten Zeiten der Tour waren früh morgens am Flussufer – wenn sich der Nebel lichtete, war es ruhig und ich ganz allein in der Natur.

Die Kosten für die Radtour hielten sich in Grenzen: der günstigste Zeltplatz in Tuttlingen kostete im Jahr 2019 €5. Standard war aber ein Preis von €12-20 für eine Person mit Zelt. Unterkünfte in Hotels, Pensionen oder Gaststätten lagen zwischen €50-70 für das Einzelzimmer, meistens mit, aber einige ohne Frühstück. Von den Unterkünften mal abgesehen gab ich insgesamt ungefähr €450 aus (inklusive Zugfahrt in der ersten Klasse nach Freiburg mit Radtransport). Die Preise sind nach 5 Jahren wohl etwas gestiegen.

POIs – Interessante Orte der Tour

Vorweg möchte ich sagen, dass ich auf meinen Radtouren im Tagesverlauf größere Städte meide. Wenn mich eine Stadt interessiert, lege ich sie an das Ende einer Etappe. So kann ich mich dort am Nachmittag oder Abend ganz entspannt umsehen.

Freiburg im Breisgau… sehr fahrradfreundlich, angenehmes Klima, schöner Stadtkern und Ligafußball.

Sigmaringen… die Stadt, das Schloss und die Ruhe am Ufer der Donau.

Ulm… mein Weg vom Fluss durch Stadtmauer hoch zum Ulmer Münster, mit dem höchsten Kirchturm weltweit.

Nürnberg Altstadt… sehr, sehr sehenswerte Altstadt mit gruseligem Henkershaus, alten Brücken, Brunnen und zünftigem Essen innerhalb der alten Stadtmauer.

Bamberg… UNESCO-Weltkulturerbe lädt zum Verweilen ein (siehe Bild unten).

Wolfenbüttel… sehenswerte Altstadt mit neu angelegtem Schlossplatz

Lüneburg… der Aufstieg vom Dorf zur Stadt mit dem weißen Gold, dank eines Wildschweins, dem heute noch gehuldigt wird. Schöne Altstadt mit Flair.

Hamburg… meine Perle. Hier gibt es wirklich alles.

Das war schon besonders

Die Donauversickerung bei Immendingen… nach lang anhaltender Trockenheit verschwindet die Donau bei Immendingen vollständig im Flussbett. Das Wasser tritt dann 12 Kilometer weiter, an einer ganz anderen Stelle, wieder an die Oberfläche – und speist dort die Quelle der Aach, um dann nach weiteren Kilometern im Bodensee zu münden. Nebenflüsse gewährleisten hier den Erhalt der Donau.

Donaudurchbruch bei Weltenburg (Kelheim) mit anschließendem Altmühltal-Radweg… wohl einer der schönsten Radwege.

Seßlach… eine kleine Oberfränkische Gemeinde umgeben von einer Stadtmauer mit Zugang durch Stadttore. Leben wie in einer historischen Filmkulisse. Bier ist hier traditionell sehr günstig.

Grünes Band… durch Wegfall der innerdeutschen Grenze (1989) entstand auf dem ehemaligen Todesstreifen das Naturschutzprojekt „Grünes Band“. Ein ausgewiesener Radweg folgt diesem auf 1400 Kilometer.

Monte Kali… in Philippsthal. Irreal wirkt der schmutzig weiß farbene Berg neben der Werra. Sie bestehen aus Abraum der Kalisalzproduktion.

Harz… meine Strecke über den Harz von Osterode nach Goslar ist mit dem Rad gut zu fahren. Der Anstieg  auf der Straße über Lerbach ist wenig befahren. Es ist die Kürzeste Route über den Harz. Alternativ auch sehr schön über Sösestausee und Okerstausee.

Elbe-Seitenkanal… ruhiges Radfahren auf Schotterwegen beidseitig des Kanals. Sehenswert ist besonders das Schiffshebewerk Lüneburg.

Alter Elbtunnel in Hamburg… die 426 Meter langen Röhren des alten Elbtunnels verbinden die Landungsbrücken mit dem Hafengebiet in Steinwerder. Die Oströhre ist gerade aufwändig saniert. Das muss man gesehen haben.

Landungsbrücken/Övelgönne… einfach mal das Treiben beobachten und die Elbe mit den Schiffen genießen.

Blankenese… mit seinem Treppenviertel und den alten Kapitänshäusern.

Nord-Ostsee-Kanal… der NOK oder Kiel-Canal ist eine der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraßen der Welt. Sie führt in 100 Kilometern von der Nordsee zur Ostsee. Die Wirtschaftswege auf beiden Seiten sind mit dem Rad gut zu befahren.

 

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Rolf Spethmann hat einen tollen Blog für seine Radreisen.
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Julia Neumayer

Herausgeberin von Bike Stories