Geschrieben von Bikemap’s Web Lead, Sebastian Schmid
Es gibt Reisen, die man nie vergisst. Touren, die sich so tief einprägen, dass man Jahre später noch oft an sie denkt. Für mich war das meine Alpenüberquerung mit dem Rad von München nach Venedig vor drei Jahren. Damals erlebte ich mit einem guten Freund unvergessliche Tage zwischen Schweiß, Glück und Gipfeln, und wir waren uns sicher: So etwas machen wir bald wieder. Doch wie das Leben so spielt, kamen Job, Alltag und Termine dazwischen.
Heuer sollte es endlich klappen. Wir reservierten uns die erste Oktoberwoche und nahmen uns fest vor, die Alpen erneut zu überqueren und zwar diesmal sollte es mit dem Fahrrad von München zum Gardasee über Fern- und Reschenpass gehen.
Planung und Vorbereitung
Einige Wochen vorher setzten wir uns zusammen, um die Route zu planen. Im Bikemap Routenplaner legten wir als würdigen Treff- und Startpunkt in München das Schloss Nymphenburg fest und als Ziel das Nordufer des Gardasees. Dann setzten wir Kontrollpunkte auf Fernpass und Reschenpass und waren mit der vorgeschlagenen Route direkt zufrieden. Beim Zerschneiden in Etappen merkten wir schnell, dass wir für die rund 500 Kilometer realistisch sechs Tage brauchen würden: zwei flache Etappen mit je etwa 80 km, zwei Passüberquerungen mit je 60 km und zwei abschließende Abfahrten mit rund 100 km.
Damit war unsere „Planung“ im Prinzip abgeschlossen, und das in kaum zehn Minuten. Eigentlich wollte ich mir noch ein neues Gravelbike und vernünftiges Touren-Equipment zulegen, aber die Zeit lief davon. Also blieb es beim treuen Budget-Rad von Lucky Bike und einer improvisierten Packliste aus Dingen, die ich ohnehin besaß:
- Eine kleine Lenkertasche und eine Satteltasche, die man zum Rucksack umfunktionieren kann (extrem nützlich!)
- Eine Fahrrad-Unterhose, um den schlimmsten Blessuren vorzubeugen
- Eine leichte, lange Wanderhose
- Zwei schnell trocknende Sport-T-Shirts
- Mehrere Paar Socken (sind ja klein und leicht)
- Eine Fleecejacke und eine Regenjacke (Zwiebelprinzip)
- Handschuhe und Schal für die kalten Morgenstunden
- Regenhose (zum Drüberziehen) und Regencover für Helm, Schuhe und Taschen
- Normale Unterwäsche für abends
- Eine Powerbank und Kabel
- Ein kleines Werkzeugset und Flickzeug
- Zwei Trinkflaschen
- Eine Menge Energie-, Frucht- und Müsliriegel und eine Packung Kaminwurzen
- Zahnputzzeug, Sonnencreme und Handwaschmittel für die Kleidung
- Helm und Fahrradhandschuhe
Am Tag vor der Abreise buchten wir spontan die erste Unterkunft in Schongau, dem Ziel der ersten Etappe. Dank der neuen Bikemap-Funktion, mit der man Unterkünfte direkt auf der Karte sehen und zur Route hinzufügen kann, war auch das in wenigen Minuten erledigt. Die restlichen Unterkünfte planten wir bewusst spontan, jeweils am Abend davor. So konnten wir flexibel auf unsere Verfassung und die Wettervorhersage reagieren – schließlich hatten wir nicht trainiert, und es war Regen und Frost angesagt.

Die Tour beginnt
Letztendlich verlief die Tour jedoch absolut reibungslos bei trockenem Wetter und wir fuhren alle Etappen ziemlich genau so, wie wir sie geplant hatten. Auch mein Fahrrad, dem ich die Tour zuerst nicht zugetraut hatte, ließ mich nicht im Stich. Wir hatten keine einzige Panne und der niedrigste Gang reichte mir sogar an den Pässen aus – auch wenn es sicher mit einer etwas kleineren Übersetzung einfacher gewesen wäre.
Somit konnten wir die Tour ohne Stress genießen: Die wechselnden Landschaften und Alpenpanoramen, den Witterungen ausgesetzt zu sein vom morgendlichen eisigen Nebel bis zur strahlenden Mittagssonne und das Erfolgserlebnis nach jedem Anstieg, langsam aber stetig hunderte Höhenmeter erklommen zu haben. Abends belohnten wir uns mit gutem Essen im Restaurant, das nach der Anstrengung doppelt so gut schmeckt und von dem man gefühlt endlose Mengen verschlingen kann.
Etappe 1 & 2: Vom Münchner Westen ins Tiroler Gebirge
Die erste Etappe führte uns vom Münchner Westen durch sanftes Hügelland am Ammersee vorbei bis nach Schongau. Ein entspannter Start in die Tour, der Lust auf mehr machte.
Am zweiten Tag fuhren wir in klirrender Kälte los, tauchten bald in dichten Nebel ein und wurden mit einem mystischen Blick über das Lechtal belohnt. Hinter Füssen begann der Aufstieg ins Tiroler Gebirge – endlich Berge! – begleitet von stillen Tälern und einem Blick auf die Zugspitze.

Etappe 3: Der Fernpass
Am dritten Tag folgte der erste große Anstieg, genau genommen die letzten, aber viel steileren Höhenmeter hinauf zum Fernpass. Wir hatten sie taktisch für den Vormittag eingeplant, sodass wir in aller Frische starteten und voller Motivation, aber auch durch die Kälte in den schattigen Abschnitten angetrieben, relativ schnell oben waren. Rollen lassen konnten wir es danach allerdings zunächst nicht, da der Weg hier teilweise eher einem Wanderpfad glich und sehr schmal und abschüssig über grobe Felsen verlief. Nach viel Bremsen und Schieben konnten wir dann aber bis Imst dahingleiten, wo wir uns ein Picknick gönnten. Danach ging es im Inntal weiter, zuerst recht langweilig entlang der Autobahn, dann steiler aber abwechslungsreicher bis Ried im Oberinntal.

Etappe 4: Der Reschenpass – der Höhepunkt der Tour
Der vierte Tag war der Höhepunkt der Tour im wahrsten Sinne des Wortes. Wir folgten dem wild rauschenden Inn durch das immer schmaler werdende Tal, bis wir nach einem kurzen Stück durch die Schweiz auf die Passstraße zum Reschenpass abbogen. Es ging stetig bergauf, aber angenehm gleichmäßig, sodass wir bald im Rhythmus waren. Nur der Gegenwind auf den letzten Kilometern verlangte uns alles ab.
Die Aussicht auf den Reschensee und der Gedanke an das bevorstehende Gefälle machten die Mühen jedoch schnell vergessen.
Etappen 5 & 6: Südtirol genießen
Die letzten beiden Tage waren pure Freude. Südtirol präsentierte sich von seiner besten Seite: perfekte Radwege durchs Vinschgau, milde Temperaturen, Apfelplantagen, Weinreben, mediterranes Flair. Über Meran und Bozen ging es bis Neumarkt, bevor wir auf der letzten Etappe das Etschtal durch Trentino entlangradelten – flach, schnell, fast monoton.
Doch als sich hinter dem letzten kleinen Pass der Gardasee öffnete und der Blick auf das glitzernde Wasser fiel, war alle Müdigkeit vergessen. Wir rollten hinab nach Torbole, wo das Ziel unserer sechstägigen Tour wartete. Der Gardasee war endlich vor uns, in der Abendsonne, friedlich und weit.

Rückreise und Fazit
Für die Rückreise mussten wir den letzten Pass noch einmal in die andere Richtung bis Rovereto überwinden, denn die Bahnstrecke verläuft im Etschtal. Während wir die letzten Tage unserer Tour rückwärts durch das Zugfenster vorbeiziehen sahen, hatten wir dasselbe Gefühl wie vor drei Jahren: Das war nicht unsere letzte Alpenüberquerung. Vielleicht das nächste Mal mit besserem Bike, mit mehr Vorbereitung, vielleicht auch nicht. Die Alpen mit dem Rad zu überqueren ist jedes Mal ein kleines Abenteuer, inklusive Herausforderungen, Überraschungen und Glücksmomenten. Man braucht kein teures Equipment und keine perfekte Vorbereitung. Nur Lust auf das Unbekannte, etwas Ausdauer und die Bereitschaft, sich auf den Weg zu machen. Der Rest ergibt sich unterwegs.
Wenn du noch mehr über Alpenüberquerungen mit dem Fahrrad lesen willst, schau dir unseren Beitrag Eine Fahrt durch die Geschichte – mit dem Fahrrad über die Alpen und die Dolomiten an. Dort erfährst du, wie eine andere Tour durch die Dolomiten verlaufen ist – mit historischen Etappen, Sehenswürdigkeiten und einzigartigen Landschaften.
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