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Bei kaum einem anderen Thema gibt es so viele verschiedene Meinungen wie beim Dehnen. Ist Dehnen vor oder nach dem Sport sinnvoll oder sollst du gleich ganz darauf verzichten? Wir haben das Thema genauer beleuchtet und dir Tipps und ein paar nützliche Übungen zusammengestellt.

Wozu soll ich dehnen?

Generell ist der Gedanke beim Dehnen (engl. Stretching) der, dass verkürzte Muskeln durch das Dehnen wieder länger werden. Das stimmt aber so nicht. Dehnen wirkt sich nicht direkt auf den Muskel aus, sondern vielmehr auf die Sehnen und Bänder. Übertriebenes Dehnen kann durch die hohen Spannungen in den Muskelfasern zu Mikrorissen führen, die letztendlich sogar Verletzungen verursachen können. Dehnen im herkömmlichen Sinn bringt weder einen besonderen Verletzungsschutz mit sich noch verhindert es Muskelkater.
Beim Radfahren sind häufig die vorderen Oberschenkel, die Waden sowie die Bauch und Hüftbeuger verkürzt. Das führt zu Bewegungseinschränkungen und muskulären Dysbalancen (ungleiche Kraftverteilung zwischen Muskeln auf der einen Seite und ihren Gegenspielern auf der anderen Seite). In weiterer Folge führt das zu Fehlbelastungen im Bewegungsapparat. Die gegenüberliegende Muskulatur ist dabei häufig abgeschwächt. Die Beweglichkeit ist eingeschränkt. Somit ist es durchaus sinnvoll den Bewegungsradius wieder herzustellen.

Tipp: Neben der Verbesserung der Beweglichkeit solltest du auch die schwachen Muskeln auf der anderen Seite (Gegenspieler = Antagonisten) kräftigen.

 

Aber wie soll ich nun dehnen?

Es gibt verschiedene Arten von Dehnen. Das herkömmliche statische Dehnen, bei dem der Muskel für eine bestimmte Zeit (etwa 15-45sec) in die Länge gezogen und die Position gehalten wird. Der Nutzen dieser Art des Dehnens ist umstritten, da der Muskel nicht dauerhaft lang bleibt. Unter Umständen kann das sogar zu Verletzungen führen.

Tipp: Dehne nach intensiven Belastungen keinesfalls statisch unter Schmerzen. Die Muskelstrukturen werden nur weiter zerstört.

Der zweiten Form, dem dynamischen Dehnen, solltest du mehr Beachtung schenken. Der Muskel wird beim dynamischen Dehnen durch kontrolliert wippende Bewegungen in die Länge gezogen und wieder entspannt. Der große Vorteil beim dynamischen Dehnen ist, dass es die die Koordination einzelner Muskelgruppen zueinander verbessert wird (= intermuskuläre Koordination) und die Durchblutung gefördert wird.

Tipp: Dynamisches Dehnen kannst du vor einer Belastung als Aufwärmprogramm durchführen, dadurch die Durchblutung verbessert wird und der eine bessere Leistungsfähigkeit bekommt ohne die notwendige Grundspannung zu verlieren.

Eine dritte und in der modernen Sportwissenschaft immer wichtiger werdende Form ist das sogenannte AC-Stretching. Das bedeutet, dass die Gegenspieler (=Antagonist) angespannt werden. Diese Ansteuerung bewirkt im Zentralnervensystem die Aktivität des Gegenspielers und hemmt die Aktivität des eigentlich verkürzten Muskels. Der Vorteil ist, dass die Muskelfaser des verkürzten Muskels nicht zusätzlich belastet wird und es zu keinen weiteren Verletzungen kommen kann.

Tipp: Spanne jeweils die gegenüberliegende Muskulatur für jeweils 15-20 Sekunden an, löse sie und wiederhole das je Muskelgruppe 5-10 Mal.

 

Eine Methode aus der Physiotherapie ist das Faszien Training

Jeder Muskel ist von einer Bindegewebshülle umzogen, den sogenannten Faszien. Diese halten den Muskel in der entsprechenden Form – doch wenn diese verklebt sind, kann es zu Bewegungseinschränkungen im Muskel führen. Der Muskel kann nicht seinen vollen Bewegungsspielraum entfalten.
Mit einer sogenannten Faszienrolle (harte Schaumstoffrolle) kann das Bindegewebe wieder aufgelockert werden und die Verklebungen gelöst werden. Dies verbessert die Beweglichkeit zwischen den Gewebeschichten und regt die Durchblutung an. Der Muskel kann wieder in vollem Umfang arbeiten.

Tipp: Das Training mit der Faszienrolle kann sowohl vor als auch nach dem Radfahren durchgeführt werden und eignet sich besonders gut für die Beinmuskulatur.

Was du beim Dehnen noch beachten solltest

1. Vor dem Radfahren nur dynamisch dehnen. Leichte Schwunggymnastik, um die Muskel aufzuwärmen und dabei den Tonus nicht zu verlieren.
2. Der Nutzen von statischem Dehnen ist fraglich. Auf keinen Fall nach intensivem Radfahren, da die Verletzungsgefahr sogar steigen kann. Falls du doch statisch dehnen möchtest, dann nicht bis zur Schmerzgrenze.
3. Nimm dir Zeit und führe die Übungen gewissenhaft und kontrolliert aus. Unterstütze die Dehnung durch bewusstes und langsames Ausatmen.
4. Das Training mit der Faszienrolle kann vor allem bei müden Radfahrerbeinen Wunder bewirken und ist sowohl vor als auch nach dem Training eine sinnvolle Methode um Verletzungen vorzubeugen.
5. Vergiss nicht auch die Gegenspieler (Antagonisten) zu kräftigen. Vermeide so muskuläre Dysbalancen und beuge Fehlbelastungen vor.

 

Kurz gesagt – Dehnen ist sinnvoll

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Dehnen sehr wohl Sinn für das Radfahren macht. Wenn es richtig ausgeführt wird kannst du damit muskulären Dysbalancen entgegenwirken, dich vor dem Radfahren richtig aufwärmen und die Bindegewebshülle wieder elastischer machen. Dadurch beugst du Verletzungen vor und bist leistungsfähiger.

Folgende Übungen zeigen dir die wichtigsten Muskelgruppen für Radfahrer:

 

Übungen Fasziales Training

Ausführung: Mit dem Körpergewicht auf der Faszienrolle nach vorne und nach hinten bewegen. Immer den ganzen Muskel bearbeiten. Es kann ruhig stark spürbar sein. Dauer etwa 30 Sekunden mit jeweils zwei Durchgängen.

Übung 1: Waden

Übung 2: Gesäß

Übung 3: Hüftaußenseite

Übung 4: Oberschenkel Rückseite

Übungen dynamisches Dehnen

Ausführung: Kontrolliert, wippende Bewegungen über den ganzen Bewegungsspielraum. Nicht bis zur Schmerzgrenze. Achte auf einen stabilen Stand und mache jeweils 10-15 Wippbewegungen.

Übung 1: Hüftbeuger

Übung 2: Rückenmuskulatur

Übung 3: Oberschenkel Rückseite

 

 

 

 

 

 

 

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